Otto Schmidt Verlag


FG München v. 2.7.2025, 3 K 1932/21

Umsatzsteuerfreie Vermittlung von Bankgeschäften bei verdecktem Vorgehen eines Online-Vermittlers?

Da Finanzdienstleister in der Regel selbst steuerfreie Umsätze erbringen, sind sie in diesen Fällen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, so dass eine Steuerpflicht bei ihnen zu einer Belastung mit Umsatzsteuer führen würde. Diese Belastung würde in die Preiskalkulation gegenüber den Kunden einfließen. Dies gilt gleichermaßen für die Vermittler und Untervermittler von steuerfreien Finanzdienstleistungen.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin war im Streitzeitraum 2012 bis 2019 als Unternehmerin tätig. Sie betreibt eine Marketingagentur und erbringt dabei Leistungen im Bereich der Vertriebsunterstützung und vertrieblicher Kommunikation insbesondere mit Hilfe digitaler Medien. Sie ist im Besitz einer Erlaubnis zur Vermittlungstätigkeit gem. § 34c GewO. Grundlage der streitigen Leistungen bildeten die mit der BANK geschlossenen Kooperationsverträge „zur Vermittlung von Privatdarlehen an Privatkunden“ und „zur Vermittlung von Girokonten an Privatkunden“. Streitig war, ob die von der Klägerin an die BANK erbrachten Leistungen nach § 4 Nr. 8 a bzw. d UStG steuerfreie Vermittlungsleistungen darstellten.

Die strittigen Leistungen der Klägerin bezogen sich auf Internetnutzer, die mit entsprechenden Eingaben in den Suchmaschinen und Vergleichsportalen ein allgemeines Interesse an Themen rund um die von der BANK angebotenen Produkte nach außen kundtun. Nach dem Anklicken einer von der Klägerin betriebenen Webseite versuchte die Klägerin die Internetaktivitäten des Nutzers weiterzuverfolgen, um ihn wiederholt mit der Marke „BANK“ in Berührung zu bringen. Hierzu entwickelte sie ein hauseigenes Trackingsystem. Damit das System den Nutzer und sein Verhalten im Internet erkennen konnte, setzt es ein oder mehrere Cookies auf dem Endgerät des Nutzers. Über die Provisionen rechnete die BANK mittels – vom Bereich Vertrieb und Absatzfinanzierung erstellten – Gutschriften unter Hinweis auf die Steuerbefreiung der Umsätze nach § 4 Nr. 8 UStG ohne den Ausweis von Umsatzsteuer ab.

Das Finanzamt ging von steuerpflichtigen Werbeleistungen aus. Die Klägerin war der Ansicht, dass ihr Unternehmensschwerpunkt in der digitalen Vermittlung von Finanzprodukten liege und sie daher auch über die Erlaubnis nach § 34c GewO verfüge. Die tatsächliche Durchführung spreche ebenfalls für eine Vermittlungstätigkeit. Ihre Tätigkeit unterscheide sich in vielerlei Hinsicht nicht von der eines klassischen Vermittlungsbüros. Der Erstkontakt diene lediglich der Identifizierung eines potentiellen Interessenten.

Das FG hat der gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012 bis 2015 gerichteten Klage stattgegeben. Allerdings wurde die Revision zum BFH zugelassen.

Die Gründe:
Das Finanzamt hat die begehrte Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 a bzw. d UStG zu Unrecht versagt. Die strittigen an die BANK erbrachten Leistungen der Klägerin stellten Vermittlungsleistungen dar.

Die Vermittlung von Krediten sowie der Umsätze im Einlagengeschäft, im Kontokorrent-, Zahlungs- und Überweisungsverkehr sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. a bzw. d UStG steuerfrei. Da Finanzdienstleister in der Regel selbst steuerfreie Umsätze erbringen, sind sie in diesen Fällen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, so dass eine Steuerpflicht bei ihnen zu einer Belastung mit Umsatzsteuer führen würde. Diese Belastung würde in die Preiskalkulation gegenüber den Kunden einfließen. Dies gilt gleichermaßen für die Vermittler und Untervermittler von steuerfreien Finanzdienstleistungen. Da die Vermittlungsleistungen von Angestellten der Finanzinstitute nicht mit Umsatzsteuer belastet werden, wäre bei einer Umsatzsteuerpflicht der Leistungen der selbstständigen Vermittler zu erwarten, dass die Finanzinstitute eine Kostengleichheit durch Senkung der Provision herbeiführen bzw. sich der selbstständigen Vermittler gar nicht erst bedienen würden.

Zweck der Befreiung von Finanzgeschäften ist es auch, die Schwierigkeiten, die mit der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Höhe der abzugsfähigen Mehrwertsteuer verbunden sind, zu beseitigen und eine Erhöhung der Kosten des Verbraucherkredits zu vermeiden (EuGH-Urt. v. 19.4.2007 C-455/05). Durch die Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung kann für sich zwar keine Vermittlungsleistung begründet werden (vgl. BFH-Urt. v. 6.12.2007 V R 66/05); die Zahlung einer erfolgsabhängigen Provision kann aber in der Gesamtschau als ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vermittlungsleistung gewertet werden. Allerdings war wegen der Vermittlungstätigkeit in der vorliegenden Weise über das Internet insbesondere im Hinblick auf die Frage, ob die Vermittlung i.S.d. § 4 Nr. 8 UStG einen offenen Kontakt des Vermittlers zu beiden Vertragsparteien erfordert, gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO die Revision zuzulassen.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.10.2025 13:17
Quelle: Bayern.Recht

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